Die Franziskakirche und der Pfarrer Kohler-Saal

Die Franziskakirche in Birkach

Die evangelische Dorfkirche in Stuttgart-Birkach, heute Franziska-Kirche genannt, wurde am 04. November 1780 eingeweiht. Ihr Stifter war Herzog Carl Eugen von Württemberg (Bild unten), der für die damals noch zu Plieningen gehörende Gemeinde eine Kirche aus der herzoglichen "Privatschatulle" (ein schönes und frühes Zeichen von Ökumene des katholischen Herzogs!) erbauen ließ und selbst den Pfarrer bestellte. Baumeister war Reinhard Ferdinand Heinrich Fischer. Nach der Grundsteinlegung 1779 errichtete er in eineinhalb Jahren den Kirchenbau im frühklassizistischen Stil.

Über dem Haupteingang steht: "Templum a Carolo structum, die Caroli consecratum MCCCLXXX" (die Kirche wurde von Carl gebaut und am Carlstag 1780 eingeweiht). Das Innere der Kirche besteht aus einem schlichten rechteckigen Raum, in welchem auf drei Seiten eine Empore eingebaut ist, die von hölzernen Säulen getragen wird. Am linken Ende der Empore befindet sich die "Franziska-Loge" (Bild siehe unten), die durch heraufziehbare Glasfenster von der übrigen Kirche abgeschlossen werden kann. Die Kanzel ist ebenso wie die Loge nur durch eine im Pfarrhaus befindliche breite Treppe zu erreichen. Dieses Pfarrhaus, 1782 ebenfalls vom Herzog gestiftet, ist direkt an die Kirche angebaut. Deshalb besitzt die Kirche keinen Chor.

Überall in der Kirche sowie auf dem Kirchturm ist in barocker Stuckarbeit das Signet des Herzogs, eine in sich verschlungene Initiale "C", gekrönt von dem Herzogshut angebracht (Bild siehe unten). An Altar und Kanzel sind christliche Symbole in Stuck dargestellt.

Die Kirche blieb seit ihrer Errichtung nahezu unverändert. Die Orgel wurde Mitte des 19. Jahrhunderts erneuert. Das Gestühl wurde nach dem 2. Weltkrieg ausgetauscht, die Farbgebung im Innern ist neu; ursprünglich vorgesehene Altarschranken wurden entfernt. Somit ist die Birkacher Kirche der einzige Sakralbau von Carl Eugens Hofbaumeister R. F. H. Fischer (Die Bilder unten zeigen den Innenraum der Kirche heute und im Jahr 1963).

Hofbaumeister Fischer entwarf Kirche und angebautes Pfarrhaus. Das Innere dieser Hallenkirche mit eingeschossiger Empore wurde nach den theologischen Grundlagen Luthers im Stil der typischen "lutherischen Predigtkirche" gestaltet. Nach der Lehre Luthers steht das Wort (die Verkündigung) gleichwertig neben den Sakramenten (die Feier des heiligen Abendmahls und die Taufe). Aus diesem Grunde ist als sichtbares Zentrum die Kanzel an die Chorwand und zwar über Altar und Taufstein  platziert worden. Übrigens können Kanzel wie auch die im Kirchenraum sich befindende Franziska-Loge nur vom Treppenhaus des Pfarrhauses betreten werden. Schöne Stuckarbeiten zieren das Innere des freundlich-hellen Sakralraums im frühklassizistischem Stil.

Die von Herzog Carl Eugen gestifteten Abendmahls- und Taufgeräte werden heute noch im Gottesdienst benützt (siehe Bild unten).

Erster Pfarrer in Birkach war der vom Evangelischen Konsistorium unter Vorsitz des Herzogs selbst berufene M. Friderich Wilhelm Kohler (1754-1810). Kohler war ein Vertreter der Aufklärungs-Theologie; er führte in Birkach den Streuobstbau ein. Nach dem Tode Herzog Carl Eugens errichtete er in Birkach die erste württembergische "Industrieschule", in der Kinder und Jugendliche handwerkliche Fertigkeiten lernten.

1985 erhielt die Birkacher Kirche durch Beschluß des Kirchengemeindrats den Namen "Franziska-Kirche" nach der Reichsgräfin Franziska von Hohenheim (1748-1811). Franziska (Bild unten) war die Geliebte und spätere Gemahlin Herzog Carl Eugens von Württemberg. Sie war evangelisch, der Herzog katholisch. Bis zum Tode Carl Eugens besuchte Franziska die Birkacher Kirche regelmäßig (in der Franziska-Loge) und erhielt dort als rechtmäßige Herzogin erstmals das heilige Abendmahl. Für die ärmsten Familien Birkachs kaufte sie die sogenannten "Stiftsländer", die diese kostenlos nutzen durften. Als "Wohltäterin Württembergs" ist sie in die Geschichte gegangen.

Quellen:

Kneller, Eberhard: Birkach und seine Kirche, 1930
Rottacker, Gustav: Arbeit ist ein großer Segen, 1980
Birkacher Notizen, Jubiläumsheft: 850 Jahre Birkach, 1990

Unseren von Eberhard Dittmann verfassten Kirchenführer können Sie übrigens hier als PDF [1,3 MB] herunterladen.

Zu den Bildern (von links oben nach rechts unten): Franziskakirche Innenraum 1963 - Franziska-Loge - Orgel und Initialen Carl Eugens - Herzog Carl Eugen - Franziska von Hohenheim - Abendmahlsgeräte (1780) - Franziskakirche Innenraum heute - Pfarrer-Kohler-Saal.

Verlässlich geöffnete Kirche

Unsere Kirche ist während der Sommermonate von April bis September tagsüber geöffnet. Sie erreichen die Kirche in der Alten Dorfstraße 47 mit dem ÖPNV Bus 65, 70, 74 und 76, Haltestellen Birkheckenstraße oder Birkach-Friedhof.